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Die Versöhnung der Völker: mehr eine Homilie als ein Programm. Artikel von Andrea Riccardi im Corriere della Sera

Appell an die Mächtigen und Friedenseinsatz. "Die Völker wollen Frieden und ich fasse mir ein Herz und sagen den Verantwortlichen der Völker: treffen wir uns, führen wir einen Dialog, verhandeln wir

Leo XIV. hat seit seiner Wahl bereits mehrfach gesprochen: Seine Ausrichtung ist – teilweise – erkennbar. Aber die Predigt zu Beginn seines Amtes bei der Liturgie auf dem Petersplatz vor einer großen Menschenmenge, politischen Führern, sowie vor Vertretern der "Schwesterkirchen" und anderer Religionen ist ein wichtiger Akzent, weil sie in einem liturgischen Kontext stattfand. Ich erinnere mich daran, was Johannes XXIII. vor langer Zeit, im Jahr 1958, über sich selbst sagte: "Wir laden euch daher ein, immer den Bischof und den Priester am Altar zu suchen...". Leo hat kein Programm vorgegeben, sondern vom Altar aus gesprochen. Es sind Worte, die aus dem Glauben kommen ("nur in der Liebe Gottes", sagte er, "kannst du deine Geschwister lieben..."). Sie entspringen dem Altar: "zwischen dem Buch und dem Kelch", sagte Roncalli.
Diese Perspektive führt nicht dazu, "ohne dass wir uns in unserer kleinen Gruppe verschließen oder uns der Welt überlegen fühlen. Wir sind gerufen, allen Menschen die Liebe Gottes zu bringen". Tatsächlich sind das Leid und die Herausforderungen der Welt immer in den Worten des neuen Papstes präsent. Leo XIV. stellte sich so vor: "Ein Bruder, der sich zum Diener eures Glaubens und eurer Freude machen will, indem er mit euch auf dem Weg der Liebe Gottes geht, der uns in einer einzigen Familie vereint sehen will"; nicht "ein einsamer Anführer oder ein über andere gestellter Chef", sondern ein Diener an der Einheit. Er spürt die dringende Notwendigkeit "einer geeinten Kirche... als Ferment für eine versöhnte Welt". Wenn sie geeint ist, wird sie zur Heilung einer zersplitterten Welt beitragen. Die Kirche (mit 1,4 Milliarden Gläubigen) birgt in sich viele Unterschiede und kann Gefahr laufen, zu zerfallen: "Es ist eine Welt", sagte ein Historiker.
Der Vorschlag des Papstes lautet: "Lasst uns diesen Weg gemeinsam gehen". Auch mit allen Christen, Religionen, Suchenden, "die die Unruhe der Suche nach Gott im Herzen tragen", mitt den Menschen guten Willens, "um eine neue Welt aufzubauen, in der der Friede herrscht". Vor einigen Tagen hat der Papst einen eindringlichen Appell lanciert und diskret das Engagement des Vatikans angeboten: "Die Völker wollen Frieden, und ich sage den Verantwortlichen der Völker mit offenem Herzen: Lasst uns zusammenkommen, lasst uns miteinander reden, lasst uns verhandeln! Krieg ist niemals unvermeidlich...».
Die Einheit ist entscheidend in einer Predigt, die mehr als ein Programm ist, sondern Ausdruck eines Glaubens und einer Vision. Dann ist da noch das Thema der Liebe, der «wahren Autorität» der Kirche: "Es geht niemals darum, andere durch Zwang, religiöse Propaganda oder Machtmittel zu vereinnahmen, sondern immer und ausschließlich darum, so zu lieben, wie Jesus es getan hat." Jenseits aller Polemik wird die Kirche durch das Leben ihrer Sendung geeint, um "allen Menschen die Liebe Gottes zu bringen, damit jene Einheit Wirklichkeit wird, die die Unterschiede nicht aufhebt". So wird die Welle der Emotionen nach dem Tod von Franziskus aufgefangen. Aber auch die Kirche wird an neuen Grenzen neu belebt. Viele haben über die Kontinuität oder Nichtkontinuität von Leo mit Bergoglio diskutiert.
Der Papst sagte nach der Messe bewegt: "Ich habe die spirituelle Gegenwart von Papst Franziskus, der uns vom Himmel aus begleitet, stark gespürt." Die Kirche ist vielfältig: Jeder Papst, so originell er auch sein mag, improvisiert nicht. Er bewegt sich zwischen Altem und Neuem, wie Leo sagte: "das reiche Erbe des christlichen Glaubens bewahren und zugleich den Blick weit in die Zukunft richten kann, um den Fragen, Sorgen und Herausforderungen der heutigen Zeit zu begegnen".

[Andrea Riccardi]

(Übersetzung der Redaktion)