Meditation von Andrea Riccardi beim Gebet für den Frieden am Beginn der Karwoche zu Sach 9,9-10
In dieser Karwoche denken wir an die Ukraine, an die Stadt Sumy, wo bei einem russischen Raketenangriff 32 Menschen starben und etwa 120 verletzt wurden, darunter 10 Kinder. Einer der vielen Angriffe, an die sich die Weltöffentlichkeit leider gewöhnt hat. Aber daran darf man sich nicht gewöhnen. Es geschah in der Nähe einiger Kirchen, in denen die Menschen sonntags beteten.
Töten ist immer eine Gotteslästerung und eine Lästerung gegen den Menschen, der nach dem Bild Gottes geschaffen ist. Aber es klingt an diesem Sonntag, an dem die verschiedenen Kirchen den Einzug Jesu in Jerusalem feiern, noch mehr nach Gotteslästerung, so wie sie auch gemeinsam das kommende Osterfest feiern werden. Die Orthodoxen verwenden wie die Katholiken nach alter Tradition Zweige, um die Geste der Menschenmengen gegenüber Jesus zu wiederholen. In der Ukraine sind es Weidenkätzchen, in Italien Olivenzweige.
Der Tod ist tagsüber über Menschen gekommen, die zum Gottesdienst gingen. Katholiken und Orthodoxe feiern aufgrund des gemeinsamen Datums miteinander. Diese Gemeinsamkeit spricht von Einheit und Geschwisterlichkeit, nicht von Tod. Die Kirchen im Zentrum von Sumy, deren Kuppeln in den Himmel ragen, gehören zwar verschiedenen Glaubensgemeinschaften an – eine davon dem Moskauer Patriarchat – sind aber in der Gemeinsamkeit einer liturgischen Tradition verbunden.
Diese Tatsache zeigt, dass Kriegshandlungen Brudermord sind. Denn alle sind Christen, Kinder des Gottes des Lebens, Kinder desselben Glaubens, der in der Taufe der Rus' empfangen wurde. Ich weiß, dass es nicht jedem gefällt, wenn ich von Brudermord spreche, und dass es als zweideutig empfunden wird. Aber was bedeutet es, Christ zu sein, wenn man in einer heiligen Zeit und dann jeden Tag Unschuldige angreift?
Mit den Palmzweigen in der Hand getötet, wie die Märtyrer der Apokalypse. Der Krieg zutritt das Evangelium mit Füßen, wie ein aus der Ukraine stammendes Evangeliar zeigt, das in einem Kriegsgebiet unter Panzern gefunden wurde, zerstört, zermalmt. Der Krieg tritt das Evangelium mit Füßen.
Schluss mit diesem bösartigen Krieg, der so viele tötet. Angesichts der Nachrichten, der Bilder: Schluss mit diesem Krieg! Das ist unser inständiges Gebet, das schließlich zu einem Schrei wird: Schluss damit! Die Geduld des ukrainischen Volkes wird auf eine harte Probe gestellt. Es müssen Wege des Dialogs, der Waffenruhe und des Friedens gefunden werden, denn man spielt nicht mit dem Leben eines Volkes. Jedes Stück Land, das erobert wird, wird für den Eroberer mit Blutvergießen und viel Schmerz verbunden sein. Das vergossene Blut von Sumy schreit und verlangt nach Frieden. Mögen die Großen, auf die jeder Kriegstag und jeder zusätzliche Tote wie eine enorme Verantwortung lastet, auf ihn hören. Während es oft den Anschein hat, als ob sie an einem Spiel teilnehmen – einem Glücksspiel oder einem unverantwortlichen Spiel.
Schaut diesen großartigen Jugendlichen an, diesen dreizehnjährigen Jungen aus Sumy. Ein wahrer Mensch des Friedens, dem es gelungen ist, aus dem Bus auszusteigen, in dem er sich befand – ein Bus, der getroffen wurde, in Flammen stand und wo es mehrere Tote gab – indem er mit seinen Händen ein Fenster zerbrach. Dann floh er nicht, sondern er brach die Türen auf, befreite die Passagiere und wurde dabei verletzt. Dieser kleine Junge hat nicht in erster Linie sein Leben gerettet. Es scheint fast, als hätte er wie ein David mit seinen Händen die Raketenabwehr besiegt, die auf Sumy niederging.
Der Herr kommt uns zu Hilfe. Es ist das biblische Bild des gerechten, siegreichen und demütigen Königs, der auf einem Esel reitet und in Jerusalem einzieht. Er ist unser König, der König des Friedens. Er wird die Streitwagen aus Ephraim und Jerusalem ausmerzen, der Kriegsbogen wird zerbrochen, er wird Frieden den Nationen verkünden.
Der König reitet nicht auf einem Kampfross, sondern auf einem Esel. Wir haben das Echo von Sacharija gehört: Jesus ist sanft und friedlich in Jerusalem eingezogen. Aber es sind nicht viele Könige gekommen, oder wer auch immer sie waren, die Frieden gebracht haben. Und Gott selbst kommt in seine Stadt, um uns Frieden zu bringen. Und wir wollen uns um ihn scharen, wie die Kinder von Jerusalem, wie die Jünger, die ihre Mäntel ausbreiteten. Diesen Herrn unterstützen, der Frieden bringt.
Es ist Gott, der den Frieden fordert, es ist Gott, der ihn für Jerusalem, für das Heilige Land, für die Ukraine, für den Kivu, für den Sudan und viele andere Länder der Welt verspricht. Unser Gebet wird eindringlicher, auch wenn unser Glaube klein ist wie ein Senfkorn, damit dieser König bald kommt und die Erde mit Frieden regiert. Der König, der sanftmütig und demütig in Jerusalem einzieht, wurde gekreuzigt. Eine Verschwörung des Bösen und der Gewalt wollte ihn aus dem Land der Lebenden verschwinden lassen. Wir feiern in dieser Woche sein Leiden, seinen Tod am Kreuz, aber wir besingen auch seine Auferstehung. Die mächtige Kraft der Auferstehung Jesu überwältige die Wurzeln des Bösen und des Krieges und schenke endlich Frieden!
Der Junge aus Sumy, der andere vor sich selbst rettet, zeigt, dass es noch eine gute Menschheit gibt, die von Gerechtigkeit und dem Evangelium erleuchtet ist. Vielleicht bereitet sich eine bessere Generation vor. Wir sind nicht alle böse geworden, in diesem Klima des Krieges, das uns böse macht. Und der sanfte König ist bei uns, damit die Menschheit nicht zugrunde geht, sondern mit ihm aufersteht. Amen.